Die wichtigsten Begriffe und Definitionen der Brandschutzvorschriften in der Schweiz.
D er Brandschutz in einem Bauwerk ist ein sehr komplexes Thema. Für die Erarbeitung der gesetzlichen Grundlagen in der Schweiz ist dazu die «Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen VKF» zuständig. Um einen Einblick in die wichtigsten der unzähligen Vorschriften zu erhalten sind die folgenden Brandschutzthemen unten aufgeführt.
Qualitätssicherung im Brandschutz
In der Planung eines Gebäudes ist das Thema Brandschutz fast immer ein Bestandteil. Seit der Revision der Brandschutzvorschriften im Jahr 2015 werden Gebäude und Anlagen in Qualitätssicherungsstufen von 1 bis 4, QSS genannt, eingeteilt. Bereits ab der Stufe QSS 2 ist ein zusätzlicher Ausbildungsnachweis im Bereich Brandschutz notwendig.
In der ersten QSS Stufe 1, übernimmt der Planer die Aufgabe des Brandschutzverantwortlichen. In diese Kategorie fallen im allgemeinen Gebäude bis max. 30 Meter Höhe und gehören den Kategorien, Wohnen, Büro, Schule, Parking, Landwirtschaft und Industrie sowie Gewerbe mit mittlerem Brandriskio an. Das Brandschutzkonzept kann mittels Standardvarianten bei der Baueingabe eingereicht und anschliessend ausgeführt werden.
Schutzabstände, Brandabschnitte
Je nach Fassadenmaterial (brennbar, nicht brennbar) werden unterschiedliche Mindestabstände (Schutzabstände) zwischen Gebäude definiert. Dabei sind auch Vordächer oder Balkone zu berücksichtigen. Dies gilt auch bei Nebenbauten wie beispielsweise Unterstände, Garagen oder dgl.
Brandabschnitte sind Bereiche innerhalb eines Gebäudes, welche im Brandfall erwartungsgemäss ausbrennen ohne dass das Feuer auf einen anderen Bereich übergreift. Grundsätzlich sind diese zwischen Wohneinheiten, Einstellhallen oder Kellerräume auszubilden. Der wichtigste Brandabschnitt in Gebäude sind immer die horizontalen und vertikalen Fluchtwege, also Korridore und Treppenhäuser.
Feuerwiederstand
Die einzelnen Brandabschnitte und auch Tragwerke werden über den Feuerwiderstand definiert. Bezeichnungen sind hierfür beispielsweise REI 60 oder EI 30. Die Zahl in der Feuerwiderstandbezeichnung weist auf die Mindestwiderstanddauer in Minuten beim entsprechenden Bauteil hin. Eine Brandschutztüre EI 30 muss somit 30 Minuten einem Brand widerstehen können.
Die Hauptbezeichnungen REI haben folgende Bedeutung
R (Résitance) Tragfähigkeit
E (Étanchéité) Raumabschluss
I (Isolation) Schutz vor der Hitze / Hitzebarriere
Weiter gibt es noch W (Radiation) Strahlendurchtritt, M (Mechanical) Mechanische Einwirkung, S (Smoke) Dichtheit gegenüber Rauch. Für Brandschutztüren gibt es zusätzlich die Bezeichnung C (Closing) für selbstschliessende Türen im Brandfall mit bspw. einem Türschliesser
Materialkategorien
Bei den Baustoffen wurde mit den Brandschutzvorschriften 2015 die Klassifizierung deutlich überarbeitet.
Alle Materialien sind nun in vier Brandverhaltensgruppen eingeteilt von RF1 bis RF4. Massgebend sind Faktoren wie Entzündbarkeit, Brandgeschwindigkeit und Qualmbildung.
RF1 = kein Brandbeitrag (z. B. Glas, Beton, Gips)
RF2 = geringer Brandbeitrag (z. B. Eichenholz, brandschutzbehandelte Stoffe)
RF3 = zulässiger Brandbeitrag (z. B. die meisten Holzarten)
RF4 = unzulässiger Brandbeitrag (z. B. Holzspäne, Karton)
Baustoffe mit kritischem Verhalten (aufgrund der Rauchentwicklung, brennendem Abtropfen oder hoher Korrosivität) werden zusätzlich zur Einteilung in Brandverhaltensgruppen mit dem Kürzel cr gekennzeichnet.
In den Europäischen Normen EN sind die Klassifizierung über das Brandverhalten von A1 bis E spezifiziert. Zusätzlich wird die Rauchentwicklung mit s1 bis s3, etwaiges brennendes Abtropfen mit d0 bis d2 und bei elektrischem Kabel die Korrosivität von a1 bis a3 mit angegeben.
Fluchtwege
Bei Flucht- und Rettungswegen gilt mit wenigen Ausnahmen: maximal 35 m lang und minimal 120 cm breit. Notausgänge müssen immer mindestens 90 cm breit sein.
Wenn die maximale horizontale Fluchtweglänge nicht eingehalten werden kann ist ein vertikaler Fluchtweg, also ein zweites Treppenhaus bzw Ausgang ins Freie notwendig. Dafür dürfen dann die Fluchtwege bis zu 50 Meter betragen, sofern immer noch innerhalb der Nutzungseinheit 35 Meter eingehalten werden.
Bei Räumen mit grösserer Personenbelegung gelten strengere Anforderungen wie zusätzliche Ausgänge oder breitere Ausgänge
Zusätzlich dürfen in Fluchtwegen mit wenigen Ausnahmen nur Baustoffe verwendet werden die nicht brennbar sind, somit zur Brandverhaltensgruppe RF1 gehören.
Viele weitere Infos zu den Brandschutzvorschriften sind auf der Plattform «Heureka» zu finden.
Brandschutznachweis Baueingabe
Bei einer Baueingabe sind die Brandschutzformulare mit einzureichen. Dabei genügt es bei kleineren Bauten den Verantwortlichen der QS Stufe anzugeben. Im einfachen Verfahren kann dies sogar ohne Brandschutzkonzeptpläne erfolgen. Diese sind nur auf Verlangen der Behörden zu erstellen. Seit kurzem kann im Kanton Bern über die Seite HeurekaPlus neu ein «Brandschutznachweis light» für die Baueingabe erstellt werden. Dies vereinfacht sowohl Architekturschaffenden als auch den Behörden die Arbeit bei der Baueingabe.
Weitere Infos sind auf «HeurekaPlus» zu finden.
Quellen
- Heureka
- Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen VKF
- Bild Archfinder