Erdbeben können überall auftreten. Normen, Bauregeln für Neubauten und Erdbebenertüchtigung bei Gebäudesanierung.
U Unsere Erdoberfläche ist ständig in Bewegung. Mehrere grosse Kontinentalplatten stossen aufeinander, reiben sich seitlich aneinander oder werden auseinandergerissen. An diesen Stellen treten besonders häufig Erdbeben auf. Obwohl die Schweiz nicht an einem dieser Plattenränder liegt, werden auch hier regelmässig Erdbeben verzeichnet. Die gewaltigen Spannungen die beim Aufeinanderprallen der europäischen und der afrikanischen Platte entstehen, entladen sich hauptsächlich im Alpenraum im Wallis und entlang des Rheingrabens in der Region Basel. Zwischen 1000 und 1500 Erdbeben werden pro Jahr in der Schweiz durch den schweizerischen Erdbebendienst aufgezeichnet. Spürbar davon sind aber nur einige wenige. Das bekannteste Erdbeben legte die Stadt Basel im Jahr 1356 in Schutt und Asche. In der jüngeren Vergangenheit forderte letztmals 1946 ein Erdbeben Todesopfer in Siders VS, in Folge der ausgelösten Lawinen und Felsstürze.
Auch leichtere Erdbeben können bereits Schäden verursachen. Risse in Mauerwerkswänden, an Betondecken oder im Verputz, zerspringende Fensterscheiben oder herunterfallende Ziegeln von Dächern können durchaus Kosten für Reparaturen veranschlagen.
Normen
Um grössere Schäden zu verhindern und hauptsächlich Menschen vor einstürzenden Gebäuden zu schützen wurden diverse Bauvorschriften für das erbebensichere Bauen erlassen. Für Neubauten gilt die 2003 eingeführte und im Jahr 2020 revidierte Norm SIA 261 «Einwirkung auf Tragwerke». Für ältere Gebäude dient das Merkblatt SIA 2018 «Überprüfung bestehender Gebäude bezüglich Erdbeben».
Bauregeln Neubauten
Schon einfache Bauregeln helfen in der Konzeption eines Gebäudes erdbebensicherer zu Bauen. Ein Gebäudekern aus Beton erhöht die Steifigkeit eines Hauses. Als Krafteinwirkung sind Erdbeben horizontale Schwingungen die aus allen Richtungen kommen können. Daher sollte mindesten 3 (längere) Wandscheiben vom untersten zum obersten Geschoss geführt werden. Diese 3 Scheiben sollten nicht parallel verlaufen und sich auch nicht in einem Punkt kreuzen. Ebenfalls ist eine gleichmässige Massenverteilung zu achten. «Weiche» und «steife» Geschosse sollten sich nicht abwechseln und «schwere» Geschosse sollten nicht auf «leichten» Sockeln stehen.
Beim heute typischen Einfamilienhaus ist diese Struktur aber oft anzutreffen. Ein Erdgeschoss mit offener Küche und Wohnraum bildet einen «weichen» Sockel auf dem im Obergeschoss die kleinen Zimmer mit vielen Wänden stehen. Auch der Trend zu grossen Verglasungen kann die Tragstruktur der Aussenwänden schwächen.
Andere Faktoren wie die Bodenbeschaffenheit, welcher einen erheblichen Einfluss auf die Standhaftigkeit haben, können nur Spezialisten wie Bauingenieure beziffern. Eine seismische Baugrundkarte kann als erste Orientierung dienen.
Auch im Holzbau lässt sich erdbebensicher bauen. Plastisch verformbare Konstruktionsweisen und Verbindungsmitteln können Teile der Erdbeben-Energie schlucken. Die in den letzten Jahren stark aufkommende Rahmenbauweise wird eine sehr gute Bewertung bezüglich des erdbebensicheren Bauens attestiert. Zusätzliche Aussteifungen beispielsweise mit Zugseilen oder -stangen aus Stahl sind einfach und kostengünstig integrierbar.
Erdbebenertüchtigung bei Gebäudesanierung
Während beim Neubau Massnahmen für das erdbebensichere Bauen kaum Zusatzkosten verursachen, kann dies bei einer Sanierung eines bestehenden Gebäudes durchaus anders aussehen. Für die Beurteilung des Kosten-Nutzen-Verhältnis dient das Merkblatt SIA 2018. Das bestehende Gebäude wird mittels verschiedene Berechnungsmethoden durch einen Spezialisten mit Erfahrung im Erbebeningenieurswesen analysiert. Für die Beurteilung sind im Merkblatt Regeln zur risikobasierten Beurteilung der Erdbebensicherheit definiert. Massahmen werden gemäss diesen Prinzipien vor allem bei einer sehr niedrigen Erdbebensicherheit (wenn die Anforderungen an der Erdbebensicherheit für Neubauten nur zu weniger als 25% erfüllt sind) sowie bei Gebäuden mit einer hohen Personenbelegung verlangt. Somit müssen nicht in jedem Fall Baumassnahmen ergriffen werden.
Im Allgemeinen haftet grundsätzlich der Bauherr und der Grundstückbesitzer, dass sein Gebäude die Bauvorschriften einhält. Somit sollte in jedem Fall mit dem beauftragten Architekten oder Planer das Thema Erdbebensicherheit besprochen werden.
Weitere Informationen zum Bauen in Gefahrengebieten finden Sie im Artikel Archfinder Tipps - Bauvorhaben in Gefahrengebieten.