Für die transparente Weiterverrechnung der seit Beginn 2021 anhaltenden Teuerung auf Baumaterialien gibt es Richtlinien des KBOB.
J ahrelang war die Situation auf den Weltmärkten bei den Baurohstoffen relativ stabil. Die Angebotspreise von Bauunternehmen in den ausgestellten Offerten hatten oft auch zwei oder drei Jahre später noch ihre Gültigkeit. Nun greift die Teuerung langsam auch in den Alltagskonsum über und erhält dadurch mediale Aufmerksamkeit. In der Baubranche ergibt sich seit bereits über einem Jahr ein anderes Bild. Insbesondere bei Stahl- und Holzprodukte sind die Materialpreise hohen Teuerungszuschlägen ausgesetzt. Aber auch Kunststoffrohre, Dämmplatten oder bearbeitete Natursteine erleben sehr starke Preisschwankungen. Bauunternehmen wollen und können vor allem nicht mehr die teilweise gestiegenen Materialkosten von 30 Prozent und mehr einbehalten. Bei Holzprodukten beispielsweise gab es im Verlauf des letzten Jahres zeitweise auch Preissteigerungen um das Vierfache.
Teuerungsverrechnung
Im Allgemeinen besteht ein Anspruch auf eine Vergütung bei Preisänderungen zugunsten des Unternehmers aber auch zugunsten des Bauherrn, wenn dies in einem Werk- oder Planervertrag nicht ausgeschlossen ist, beispielsweise bei Pauschalleistungen. Die Vergütungsveränderung erfolgt in beide Richtungen somit wird keine Vertragspartei benachteiligt.
Sinnvollerweise wird bereits auf einer verbindlichen Offerte die Methode des Teuerungszu- bzw. abschlag deklariert. Damit keine willkürliche Preisanpassungen angegeben werden, gibt es Empfehlungen und Richtlinien des KBOB, der Koordinationskonferenz der Bau- und Liegenschaftsorgane der öffentlichen Bauherren.
«Die KBOB wurde 1968 als Koordinationsgremium der Bauorgane des Bundes ins Leben gerufen, namentlich für Fragen des Submissionswesens, der Teuerungsabgeltung auf Bauleistungen und der Architekten- und Ingenieurhonorare.»
Im Bauhauptgewerbe gibt es dazu mehrere Verfahren und Berechnungsmethoden um Preisänderungen nachvollziehbar darstellen zu können. Die geläufigsten Methoden basieren zudem auf dem Vertragsnormenwerk des SIA, des Schweizerischer Ingenieur- und Architektenvereins.
Verfahren mit Gleitpreisformel GPF gemäss der Vertragsnorm SIA 122
Die Gleitpreisformel SIA 122 ist das Standardverfahren im Ausbaugewerbe. Die Berechnung erfolgt meist bei Bauprojekten mit einfachen Mengenstrukturen für die keine Angaben aus dem Produktionskostenindex PKI vorhanden sind. Die Kostenelemente werden in Lohnanteil und Material aufgeschlüsselt. Die Vergütung der Preisänderungen ergibt sich aus der Veränderung des Indexstandes multipliziert mit dem Rechnungsbetrag. Da aktuell noch hauptsächlich die Materialpreise betroffen sind, wird gerne der Materialpreisindizes des KBOB angewendet. Dieser zeigt öffentlich die Preisänderungen bei einzelnen Materialkategorien und wird monatlich publiziert.
Auch bei den Planer Leistungen kann zum Beispiel bei grösseren Planungen über mehrere Jahre die Gleitpreisformel zum Tragen kommen. Hier werden die Kostenanteile auf Löhne und restliche Kosten aufgeteilt. Der Indexstand wird wiederum durch den KBOB berechnet und publiziert.
Verfahren mit Produktionskostenindex PKI gemäss der Vertragsnorm SIA 123
Der PKI ist das einfachste und schnellste Verfahren für die Berechnung der Teuerung. Er kommt hauptsächlich im Bauhauptgewerbe, insbesondere bei den Baumeisterarbeiten zum Tragen. Im PKI sind verschiedene Arbeitsgattungen- Indizes von Hoch-, Tief- und Untertagebau aufgeführt. Die Indexpositionen werden durch den Schweizer Baumeisterverband SBV herausgegeben und durch den KBOB geprüft.
Verfahren mit Mengennachweis MNV gemäss der Vertragsnorm SIA 124
Das Mengennachweisverfahren kann für alle Bauprojekte des Bauhaupt- und des Ausbaugewerbe angewendet werden. Jedoch ist dieses sehr aufwendig und bewährt sich meist nur für einzelne bedeutende Positionen. Im Allgemeinen werden im Hochbau meist gerne Festpreise bei den Kostenpositionen vereinbart. Beim Mengennachweisverfahren werden jedoch Ausnahmen für einzelne preissensible Bauprodukten, wie zum Beispiel beim Bewehrungsstahl, definiert. Zu Anwendung kann das Verfahren auch kommen, wenn keine anerkannten Indizes vorhanden sind, oder die Anforderung an die Genauigkeit gegenüber einem vereinfachten Verfahren wie bei der Gleitpreisformel nicht genügen.