Der Baustandard für neue und modernisierte Gebäude.
S eit 1998 existiert der Verein mit der Namensgebenden Marke MINERGIE® welche gemeinsam durch Bund, Kantone und die Wirtschaft getragen wird. Ziel des Baustandards ist es eine hochwertige Gebäudehülle mit einer systematischen Lufterneuerung, ein überdurchschnittlicher Hitzeschutz, ein sehr geringer Energiebedarf und ein maximaler Anteil an erneuerbaren Energien zu erzielen innerhalb einer umfassende Qualitätssicherung. Gebäude die alle Anforderungen freiwillig erfüllen können ein geschütztes Gebäudezertifikat ausstellen lassen.
Weitere Informationen zu anderen Energielabels sind im Artikel Archfinder Tipps - Energielabels aufgelistet.
Verfahren
Für die Zertifizierung von Gebäuden wird ein national einheitliches Gesuch bei den Energiefachstellen des Kantons in dem das Objekt steht, eingereicht. Dabei wird zwischen verschiedenen Nutzungstypen wie Wohnhäuser, Bürobauten, Schulhäuser, Sportstätten, Pflegezentren oder Spitäler unterschieden. Je nach Kategorie werden unterschiedliche Anforderungswerte in Bezug auf die Energieeffizienz, auf einen hohen Wohn- und Betriebskomfort oder bei den neusten Zertifikaten auch das Areal mit der Aussenraumgestaltung oder einem Mobilitätskonzept beurteilt.
Vorschriften
Grundsätzlich sind die Energieanforderungen deutlich strenger als die kantonalen Energiegesetzte die bei bewilligungspflichtigen Bauten eingehalten werden müssen. Die Hauptkategorie des Beurteilungskataloges bildet die Aussenhülle eines Gebäudes. Diese muss gut gedämmt und ausserdem Luftdicht sein um einen möglichst kleinen Energiedurchlass zu haben. In die Beurteilung fliesst hier auch die Ausrichtung eines Gebäudes sowie das Verhältnis von geschlossenen zu offenen Teilen wie Fenster mit in die Berechnung ein.
Ein zwingender Bestandteil für die Ausstellung eines MINERGIE®-Zertifikat ist eine Lüftungsanlage für ein kontrollierter und energieeffizienter Luftwechsel. Weitere Informationen zum Thema sind im Beitrag Archfinder Tipps – MINERGIE® und Lüften zu finden.
Eine weitere Kategorie umfasst die Wärmeversorgung. Der sogenannte Heizwärmebedarf, der Bedarf an Heizungsenergie, ist streng geregelt. Heizsysteme und die Warmwassererzeugung können aufgrund der Anforderungen nur aus fossilfreien Quellen stammen. Hierzu kann aus der Umgebungswärme vom Erdreich oder der Aussenluft mittels Wärmepumpen Energie fürs Haus gewonnen werden. Eine weitere Quelle ist die Solarenergie in Form von Solaranlagen oder als Dritte Möglichkeit stammt die Energie aus Biomasse wie beispielsweise Holzpelletheizungen. Auch zugelassen wird der Anschluss an ein Wärmeverbundsystem - Fernwärme - solange dies klimafreundlich betrieben wird.
Im Anforderungskatalog ist ebenfalls auch der Stromverbrauch berücksichtigt. Hier wird eine höhere Eigenstromnutzung in Form von Photovoltaikanlagen gefordert. In den aktuell überarbeiteten Zertifikatsrichtlinien sind neu auch Grenzwerte für die CO2-Emissionen für die Gebäudeerstellung festgelegt da ein Bauwerk selbst treibhausgasrelevant ist.
Ebenfalls berücksichtigt werden muss der sommerliche Wärmeschutz damit ein Gebäude nicht überhitzt. Die klimatischen Veränderungen erfordern in vielen Fällen bereits ein Kühlungssystem. Aufgrund der Energiebilanz kann dies fast ausschliesslich nur mittels eines Sole-Wasser-Wärmepumpensystem erzielt werden, welche im Sommer ein Gebäude nicht heizt, sondern den Räumen die Wärme entzieht und den Untergrund damit für den Winter regeneriert.
Bewertet wird am Schluss die gesamte Energieeffizienz eines Gebäudes. Dies umfasst nicht nur die Haustechnik und die Warmwasseraufbereitung, sondern auch die eingebauten und eingesetzten Elektrogeräte im Wohnbereich, sowie die Beleuchtung und die Haushaltsgeräte.
Zertifikate
Nebst dem allgemeinen Zertifikat MINERGIE® sind seit bestehen des Vereins Zertifikate mit strengeren und zusätzlichen Auflagen hinzugekommen. Der Baustandard kann sowohl auf Neubauten wie auch auf Gebäudesanierungen angewendet werden. Bei den Nachweisverfahren gibt es auch vordefinierte Systemvarianten die eine vereinfachte Prüfung ermöglichen. Teilweise werden auch zusätzliche Fördergelder gesprochen, wenn eine Sanierung nach MINERGIE® erfolgt.
MINERGIE®-P für Passivhäuser und mehr Komfort
Für Häuser in diesem Standard sollte im Grundsatz die Sonne als einzige passive Wärmequelle dienen. Dies wird erzielt durch eine gezielte Gebäudeausrichtung, einer sehr kompakten Gebäudeform, einer stark gedämmten und luftdichten Gebäudehüllen und mit im Süden grossen und im Norden kleinen Fenstern. In realisierten Einfamilienhäusern steht zum Heizen beispielsweise nur ein kleiner Schwedenofen.
MINERGIE®-A für Plus-Energie Häuser
Beim Bauen nach MINERGIE®-A steht der Fokus auf die Eigenversorgung aus erneuerbaren Energiequellen. Ziel ist es eine positive Energiebilanz zu erreichen bei der Wärmeerzeugung der Heizung und für das Brauchwarmwasser, sowie den Stormbedarf für die gesamte Gebäudetechnik, die Lüftungsanlage, alle elektrischen Geräte und Beleuchtung zu generieren. Die Jahresbilanz muss im Verbrauch unterhalb der erzeugten Energie liegen. Aufgrund von saisonalen Schwankungen muss ein Gebäude dennoch an das öffentliche Elektrizitätsnetz angeschlossen sein. Ausserdem wird ein MINERGIE®-A Zertifikat erst nach mehrjähriger Gebäudeüberwachung, dem Monitoring, ausgestellt.
MINERGIE® ECO für ökologische Baustoffe und Standards
Als Zusatzlabel können alle Standard MINERGIE®-Zertifikate um ökologische Anforderungen an Baustoffe erweitert werden. Darin werden strenge Grenzwerte für Schadstoffbelastungen in der Raumluft festgelegt sowie die Treibhausgasemissionen bei der Fabrikation mit beurteilt. Auf konstruktiver und baulicher Seite wird eine einfache und vor allem rückbaubare Konstruktion verlangt. Der Zugang zu Hausinstallationen und Installationsleitungen für Wasser, Strom oder anderen Medien muss frei zugänglich sein und darf beispielsweise nicht in Decken und Wänden eingelegt werden. Ebenfalls beurteilt wird das Verwenden von nachwachsenden sowie rezyklierten Baustoffen und ein hoher Tageslichteinfall.
MINERGIE® MQS - Minergie Qualitätssicherung am Bau und im Betrieb
Mit dem Qualitätssicherungsverfahren wird während dem Bauen beziehungsweise mittels Monitorings im Betrieb eines Gebäudes die Minergie relevanten Bauteile systematisch überprüft. Die Prüfberichte bilden die Basis für den erhalt des Qualitätssiegel. Die Prüfungen können auch durch einen unabhängigen Bau-Experten durch den Verein Minergie durchgeführt werden.
Finanzierung und Mehrkosten
Beim Bauen nach dem MINERGIE® Standard entstehen zusätzliche Kosten für die höherwertige Bauweise. Dies widerspiegelt sich dafür in nochmals reduzierten Energiekosten im Vergleich zu den kantonalen Energieverordnungen. Auch entstehen Kosten für die Zertifizierung selbst. Diese Gebühren belaufen sich aber im niedrigen 4-stelligen Bereich für Wohnhäuser. Höher fallen die Honorarkosten für die Erstellung und Begleitung des Zertifizierungsprozesses an, welche durch entsprechende Spezialisten, beispielsweise durch Bauphysiker, durchgeführt werden. Für den MINERGIE® Standard belaufen sich die Mehrkosten beim Hausbau auf 5 bis 10%, bei MINERGIE®-P sind es zwischen 10 und 15%.
Quellen
- Schweizer Baustandard - Minergie
- Bild Archfinder